Aktionär in Hauptversammlung: „Sie haben die Gesellschaft aus diesem Dreck geholt und den Neustart ermöglicht"
„Bankverein stand vor Lizenz-Entzug": Scheidender Aufsichtsratschef Eichner rechnet bei der Hauptversammlung mit früheren Verantwortlichen ab
von Marco Purkhart (Westfalen-Blatt) vom 01.10.2011
Die „Bankverein Werther AG hat kurz vor dem Entzug ihrer Lizenz gestanden. Das hat Aufsichtsratsvorsitzender Alexander Eichner am Freitag bei der Hauptversammlung erstmals öffentlich eingeräumt. Die drei Bankvorstände Werner Hachmeister, Christoph Böckle und Danyon Lloyd (links) mussten sich bei der Hauptversammlung des Bankvereins Werther in der Bielefelder Stadthalle den Fragen der Aktionäre stellen.Fotos: Marco PurkhartAlexander Eichner hört als Aufsichtsratschef auf. Vor fünf Jahren sei die traditionsreiche Privatbank beinahe am Ende gewesen, sagte Eichner vor etwa 60 Aktionären in der Stadthalle Bielefeld. Die Bankenaufsicht sei damals angesichts der desaströsen Lage der Bank so skeptisch gewesen, dass sie dem Bankverein keine Gesundung mehr zugetraut habe. »Erst unser Konzept für die Neuausrichtung der Bank hat in dieser kritischen Phase dafür gesorgt, dass wir noch eine letzte Chance bekommen haben«, sagte Alexander Eichner.
Zur Neuausrichtung des 1877 gegründeten Kreditinstituts zählte laut Eichner auch eine Umbesetzung des Aufsichtsrates. »Da haben Leute gesessen, die an Erbhöfe geglaubt haben und dachten, sie könnten ihren Posten an ihren Sohn vermachen. Diese Personen waren jedoch ein Teil des Problems.« Es habe eineinhalb Jahre gedauert, sie auszutauschen. Der Restrukturierungsprozess ist nach Eichners Ansicht nach fünf Jahren erfolgreich abgeschlossen: »Es sah vielleicht zum Teil chaotisch aus, aber es war alles klar geordnet.« Er verkündete am Freitag, dass damit auch seine Aufgabe beim Bankverein beendet sei: »Dies hier ist meine letzte Hauptversammlung.«
Der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende sah dann offenbar den Moment gekommen, mit den Vorgängern des aktuellen Vorstandsteams abzurechnen. Die Zeit des Direktoren-Duos Holger Stange/Matthias Spiegel bezeichnete er als »unsägliche Vergangenheit« und als ein »Desaster«. Und beim Konzept des folgenden Vorstands Gerd Völker, den Bankverein mit Repräsentanzen in verschiedenen Regionen Deutschlands anzusiedeln, sei ein Scheitern absehbar gewesen.
»Insofern können wir stolz sein, mit dem heutigen Tage die Wende geschafft zu haben. An diesem Erfolg haben auch die aktuellen Vorstände großen Anteil«, sagte Eichner in Richtung von Danyon Lloyd, Christoph Böckle und Werner Hachmeister.
Aktionär Eberhard Knebel aus Münster dankte Alexander Eichner für seine Arbeit als Aufsichtsratsvorsitzender: »Sie haben die Gesellschaft aus diesem Dreck geholt und den Neustart ermöglicht.«
Der Bankverein Werther konnte für das abgelaufene Geschäftsjahr mit 130 000 Euro Gewinn zum zweiten Mal in Folge schwarze Zahlen vorlegen. In den Jahren 2004 bis 2008 wurden zuvor Verluste von insgesamt 7,4 Millionen Euro eingefahren. Auch der Verkauf des Stammhausgeschäftes an die Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold war ein Thema bei der Versammlung, bei der der alte Bankverein letztmals als eigenständige Privatbank in Erscheinung trat. Wie berichtet, wird das Stammhausgeschäft in Werther zum 1. Dezember als nicht selbstständige Niederlassung von der größten Volksbanken-Gruppe in OWL übernommen. Dagegen wird sich die Aktiengesellschaft unter neuem Namen und mit Sitz in München auf andere Geschäftsfelder konzentrieren.
Vorstandssprecher Danyon Lloyd erklärte, der Verkauf sei die richtige Entscheidung gewesen: »Das Bankhaus in Werther ist zu klein, um langfristig profitabel zu arbeiten.« Auf Nachfrage von Aktionären räumte er ein, dass die Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold zwar die einzige Bank gewesen sei, mit der über einen Verkauf verhandelt worden sei: »Aber es war unser absoluter Wunschkandidat. Ein so starker Partner ist das Beste für Mitarbeiter, Kunden und die Region.« Insgesamt verlief die wohl letzte Hauptversammlung des Bankvereins in dieser Region ruhig. Die Aktionäre erteilten dem Vorstand und dem Aufsichtsrat mit jeweils 99 Prozent die Entlastung.